Sie war erst 16 Jahre alt und hieß noch Karin Blauermel, als sie mit „Die Halbstarken“ (1956) an der Seite von Horst Buchholz (1933–2003) über Nacht zum rebellischen Fräuleinwunder des deutschen Nachkriegskinos wurde – und zur deutschen Antwort auf Brigitte Bardot.
Ein Image, mit dem sie lange haderte.
Sie blieb über mehrere Jahrzehnte einer der am strahlendsten leuchtenden Stars des Kinos.
Doch wo sehr viel Licht war, war in ihrem Fall auch immer sehr viel Schatten.
Die große Karin Baal ist tot. Die Schauspielerin, die aus dem Berliner Arbeiterbezirk Wedding heraus eine fulminante Karriere machte, nachdem sie für ihr Debüt unter Hunderten Bewerberinnen ausgewählt wurde. Ein Mädchen „süß und sündig“ wurde gesucht. Karin Baal lieferte fast ihr ganzes Leben lang. Sie starb bereits am Dienstag im Alter von 84 Jahren in Berlin. Das teilte ihre Familie gestern mit.
Nach BILD-Informationen soll Karin Baal an Altersschwäche gestorben sein. BILD erfuhr aus Karin Baals direktem Umfeld, dass der Tod eine Erlösung für sie gewesen sein muss.
Die Schauspielerin habe zuletzt sehr starke Probleme mit der Luft gehabt, soll auch auf ein Sauerstoffgerät angewiesen gewesen sein.
Karin Baal spielte neben Hans Albers, Heinz Rühmann und Heinz Erhardt
Es ist das traurige Ende eines einzigartigen Lebenswerks: Karin Baal spielte neben den größten deutschen Stars, darunter Hans Albers („Das Herz von St. Pauli“, 1957), Heinz Rühmann („Der Jugendrichter“, 1960) und Heinz Erhardt („Der müde Theodor“, 1957). Sie war eine Tänzerin in „Das Mädchen Rosemarie“ (1958) und eine Straßengöre in „Wir Kellerkinder“ (1960). In der Edgar-Wallace-Verfilmung „Die toten Augen von London“ (1961) stieß sie einen jener Schreie aus, für den man damals ins Kino ging.
Depressionen, Alkohol- und Kokainsucht
Auf der Leinwand und später auf den Fernsehbildschirmen und Theaterbühnen der Republik konnte Karin Baal alles. Das Leben gelang ihr jedoch nicht immer.
Baal, Mutter von zwei Kindern, kämpfte jahrelang immer wieder gegen ihre Depressionen Alkohol- und Kokainsucht. Bereits mit Anfang 30 war Baal schwere Alkoholikerin.
Ein Geheimnis aus ihrem Scheitern machte sie nie: „Ich war häufiger in Entzugskliniken, habe mich selbst dort eingeliefert. Einmal war ich bei Nonnen in einer Klinik und saß in der Gummizelle.“
Sie heiratete viermal, jede Ehe endete in einer Scheidung. „Alle haben mich betrogen. Ich traue keinem Mann mehr.“
Sie hatte zwei Abtreibungen: „Damals hat man nichts gewusst von einer Pille danach oder davor. Ich war damals völlig hilflos und unaufgeklärt. Es gab keine Hilfe, es war, glaube ich, auch verboten bei den Ärzten. So ging ich zu einer Engelsmacherin in der Fabrik.“
Und auch finanziell stand sie am Ende nicht mehr auf der Sonnenseite des Lebens: Ihren letzten Film drehte Karin Baal 2011. Teilweise war sie so verarmt, dass sie nicht einmal mehr ihre Telefonrechnung bezahlen konnte.
Einzig das Älterwerden habe ihr nie Sorgen bereitet, sagte Karin Baal 2020 anlässlich ihres 80. Geburtstages zu BILD: Über das Älterwerden macht sie sich wenig Gedanken: „Mein Körper wird vielleicht 80 – aber meine Seele bleibt, wie sie immer war. Ich habe eine Menge Freunde. Wir sprechen nie über das Alter. Ich finde das auch nicht unbedingt nennenswert.“
Zeitlos blieb sie bis zum Schluss. Star-Produzent Nico Hofmann sagt zu BILD: „Karin Baal hatte eine so große, schöne Würde – auch im hohen Alter.“
Karin Baal war immer ein „echtes Aufstehweib“, wie Film-Star Mario Adorf (94) sie einmal beschrieb. Und auch, wenn sie diese Rolle jetzt für immer abgelegt hat – ihre Filme werden sie auferstehen lassen.